Raum für Supervision und Coaching
Von Raum ist in Supervision und Coaching metaphorisch oft die Rede: Raum bekommen, erhalten, sich Raum nehmen, schaffen. Wir sprechen in der Beratung von Resonanz- und Schutzräumen, Freiräumen und Spielräumen.
Ein Raum? Viele Räume!
Räume werden virtuell oder tatsächlich zum Raumwechsel genutzt: So begeben sich Menschen in den „Wirklichkeitsraum“ (wo sie sich unterschiedliche Versionen von Geschichten erzählen und erörtern, wofür diese nützlich sind und was sie verhindern können oder gar sollen), den „Möglichkeitsraum“ (um in einem guten Sinne quer zu denken) und den „Zielraum“ (zur Entscheidungsfindung und als „Attraktor für Zukünftiges“)1.
Sie nehmen an einem „Wanderzirkus“ teil. Unterschiedliche Räume repräsentieren verschiedene Ebenen, sei es zeitlicher oder sachlicher Art.2
Gearbeitet wird mit den „Räumen der Veränderung“, zwischen den Menschen wechseln dürfen und sollen, denn nachhaltige Veränderung Ist eben nicht „einfach so“ möglich. Der „Raum der relativen Zufriedenheit“, der „Raum des Zweifels“, der „Keller der Ablehnung“, der „Raum der Konfusion“ und der „Raum der Neuorientierung“ mögen wiederholt durchschritten werden3.
Räumlich darstellen: Aufstellungen in Supervision und Coaching
In Aufstellungen werden Beziehungen (Abstände, Größenverhältnisse…) räumlich dargestellt, Perspektiven verglichen und Wege vom „Ist“ zum „Soll“ gesucht. Zur „Zukunftsprobe“, mit der Veränderungsideen getestet werden, gehört die Einrichtung von Zeit und Raum für eine imaginierte Bühne.4
Innere Räume in Supervision und Coaching
„Innere Räume“ werden geschaffen, mit Sicherheit und Schutz assoziiert, Stärken zugeordnet.5
Zugleich lassen sich über die Veränderung der Körperhaltung im Sinne eines „Raum-ein-nehmens“ innerer und äußerer Status schnell und gut heben.6
Raum und Status
Raum und Status, das kennen wir auch aus anderen Zusammenhängen: wieviel Quadratmeter Bürofläche stehen welcher Hierarchiestufe zu? Wie viele Fenster hat dieser Raum? Wie ist er geschnitten und wer ist vorne oder hinten, oben oder unten? Wer hat das Fenster im Rücken und die Türe im Blick?
Warum Räume so bedeutend sind
Menschen, so formulieren es Ahuti Alice Müller und Andreas Brünen, „schreiben Räumen Bedeutungen, Gefühlsqualitäten und Wirkungen zu. Aus evolutionspsychologischer Perspektive war und ist die Fähigkeit des Menschen einen `sicheren Ort` affektiv und kognitiv repräsentieren zu können ein evolutionärer Entwicklungsvorteil“.7
Innere oder äußere Räume, virtuell oder physisch: wir erleben also Räume: „Zwischen Mensch und Raum bestehen Wechselbeziehungen … Räume können uns beflügeln, beruhigen, beeinträchtigen oder beunruhigen“.8 Nur wenn uns diese Wirkung bewusst ist, können wir sie in Supervision und Coaching beeinflussen: das gilt für die „fremden“ Räume in Organisationen und erst recht für die eigenen Räume, in denen wir Beratung anbieten. Ja, unser „Raumerleben ist subjektiv gefärbt und beruht auf Prägungen und Raumerfahrungen der Biografie“.9. Doch teilen wir als Menschen Bedürfnisse, die in den Räumen für Coaching und Supervision Berücksichtigung finden müssen: Beratungsräume sollten Beziehung ermöglichen und dabei notwendige Distanz bewahren helfen, Sicherheit bieten und gleichzeitig anregend wirken.10 Sie sollten der Professionalität der Beratung Ausdruck verleihen, ohne Überlegenheit zur Schau zu stellen.11
Einen Blick in meinen eigenen Beratungsraum können Sie auf https://www.richtung-ziel.de/1208-2/ werfen.
1 nach Hajo Molter und Karin Nöcker (https://www.coaching-magazin.de/coaching-tools/tools/das-raummodell-als-landkarte-fuer-coaching-prozesse, http://systemisch-weiter-denken.de/de/referentinnen/psychotherapie-beratung/molter-haja.php.html)
2 Johannes Herwig-Lempp, Ressourcenorientierte Teamarbeit. Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- und Übungsbuch, 4. Aufl. 2016 (https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/psychologie-psychotherapie-beratung/arbeit-und-organisation/beratung-coaching-supervision/5857/ressourcenorientierte-teamarbeit)
3nach Michael Pohl (www.pohlvision.de, https://www.isb-verlag.de/de/buecher_coaching-denkt-weiter.php)
4Kersti Weiß, Zukunftsprobe, in: Heidi-Neumann-Wirsig, Supervisionstools, 8. Aufl. 2023, (https://www.managerseminare.de/Trainingsmedien/Buecher/Supervisions-Tools-Neuauflage,74),
5Cordula Meyer-Erben, Ute Zander-Schreindorfer, Hypnosystemisch arbeiten. Ein kleiner Praxisleitfaden, 2021 (https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/hypnosystemisch-arbeiten); Gunther Schmidt, Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung, 10. Aufl. 2022 (https://www.carl-auer.de/einfuhrung-in-die-hypnosystemische-therapie-und-beratung)
6https://www.richtung-ziel.de/kopf-hoch-brust-raus/
7 Ahuti Alice Müller und Andreas Brünen, Handout für die Teilnehmer*innen, Workshop „Beratungsraum und Setting“ – Die Dynamik zwischen eigenen und fremden Räumen. Zum Workshop, an dem ich am 21. und 22. April 2023 in Köln teilnahm s. https://www.mensch-raum.org/workshop-beratung-und-setting/. Vgl. auch Ahuti Alice Müller und Andreas Brünen, Home und Office. Die Botschaft der Räume, in: Journal Supervision 3/22, https://www.dgsv.de/wp-content/uploads/2023/02/JS_3_2022_S.9-13_ES.pdf
8https://www.mensch-raum.org/workshop-beratung-und-setting/
9 Ahuti Alice Müller und Andreas Brünen, Handout für die Teilnehmer*innen, Workshop „Beratungsraum und Setting“ – Die Dynamik zwischen eigenen und fremden Räumen
10 zu den dahinter stehenden Grundbedürfnissen https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-riemann-thomann-modell
11 zu den Wirkfaktoren in der Beratung https://www.richtung-ziel.de/wirksamkeit-von-coaching-und-supervision/