Abstand halten! Beobachtung beobachten in Coaching und Supervision
Wie praktisch es doch wäre, nicht nur ein Vogel, sondern gleich zwei, drei und vier Vögel zu sein, haben schon Tünnes und Schäl, die beiden legendären Figuren“ aus dem Hänneschen-Puppentheater der Stadt Köln, festgestellt (https://www.koeln-lese.de/streifzuege/typisch-koelsch/tuennes-schael/) – denn dann könnte ich „beobachten, wie ich beobachte, wie ich fliege“.
Abstand gewinnen in Coaching und Supervision
Abstand zu gewinnen zu den Ereignissen, die Sie gerade umtreiben, zu den eigenen Gefühlen und Gedanken, Einstellungen und Verhaltensweisen, ist das A und O von Supervision und Coaching, die dem systemischen Ansatz verpflichtet sind. Distanz wird etwa hergestellt durch den fernen Ort oder die fernere Zukunft, in die Sie sich begeben. Die heutige Entscheidungssituation können Sie so „von einer anderen Warte aus“ betrachten, die einen neuen, weiteren Blickwinkel bietet. Ähnliches geschieht auch, wenn Sie sich „zirkulär“ befragen (wie würde x oder y die Situation beschreiben und wozu würden sie Ihnen raten?) Bei innerer Zerrissenheit die eigenen Anteile bzw. Stimmen zu identifizieren, ihnen einen Namen zu geben, sie mit einer Botschaft zu versehen und so quasi als Personen im inneren Team zu begreifen, heißt denn auch „externalisieren“ und „dissoziieren“. Das passiert auch, wenn Sie komplexe innere oder äußere Vorgänge mit Figuren, Bauklötzen, Steinen aufstellen und dann das Ganze von oben betrachten. Sie können sich auch „Beobachtungsaufträge“ in Hinblick auf die Wechselwirkungen zwischen Ihrem eigenen Verhalten und dem der Anderen geben: „Die Beobachtung dient dazu, die Betroffenen in eine Position der Selbstreferenz zu bringen, also die Abläufe, in die sie selbst einbezogen sind, genauer zu verfolgen als bisher“*. Hier, so könnte man sagen, findet eine „Beobachtung von Beobachtern“ statt. Reflexion gewinnt hier eine neue Dimension, vom „Was“ zum „Wie“ und „Wozu“ der Abläufe.
Wahrnehmung von Wirklichkeit…
Zum theoretischen Hintergrund**: Was Sie beobachten, ist kein Abbild der Wirklichkeit, sondern eine Auswahl. Sie unterscheiden. Das heißt, Sie markieren etwas – und lasse anderes außen vor. Sie suchen den verlorenen Schlüssel? Dann sehen Sie die neue Blüte am Kaktus wahrscheinlich nicht. Sie sind der Meinung, ein Kollege sei nicht teamfähig? Dann werden Sie Verhalten, das Sie bestätigt, eher wahrnehmen, als solches, das Sie zu widerlegen droht. Unsere selektive Wahrnehmung ist experimentell vielfach bestätigt. Der unsichtbare Gorilla ist ein Klassiker… (https://www.youtube.com/watch?v=HVALCbfAG00)
… ihre Bearbeitung in Coaching und Supervision –
Wenn sich Sehgewohnheiten herausbilden und verstetigen, dann wächst die Gefahr „blinder Flecken“ auf Ihrer Landkarte der Welt (die eben nicht die Welt ist und auch gar nicht sein kann). „Blinde Flecken“ lassen sich in Supervision und Coaching verkleinern. Relevantes Unbeobachtetes kann wieder beobachtbar werden.
– und natürlich im Selbst-Coaching
In meinen Veranstaltungen zum Selbst-Coaching (https://www.richtung-ziel.de/selb/) stelle ich den Cartoon vor und erläutere damit eine Haltung und ein Vorgehen. Ich demonstriere eine Reihe von Tools, die Sie selbst gut anwenden können – und die Sie auch direkt ausprobieren!
Mehr Informationen zum Selbst-Coaching s. unter https://www.richtung-ziel.de/coach-dich-selbst-sonst-coacht-dich-keiner/
*Arist von Schlippe und Jochen Schweitzer, Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I. Das Grundlagenwissen, 2. Aufl. 2013
**Ebda unter Berufung auf Niklas Luhmann
***Diese Karikatur ist entnommen dem Buch „Paradoxer Alltag, Ganz normale Verrücktheiten“ (2012) von Arist und Björn von Schlippe (https://www.klett-cotta.de/buch/Beratung_und_Supervision/Paradoxer_Alltag/24216) entnommen. Ich danke den Autoren für die freundliche Erlaubnis!